viernes, 27 de abril de 2012



10 Überlebenstipps für das Leben in Santiago de Chile

 

1. Es kommt erstens immer anders, mein lieber Dominik, und zweitens, als du denkst.

Abgedroschen, aber man wird hier jeden Tag daran erinnert, dass es stimmt...

2. Wenn du glaubst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Pisco her.

Alto del Carmen ist für die Chilenen mehr als ein Traubenschnaps, es ist eine Religion. Echt wahr: Wenn ein Chilene ins Ausland reist, lässt er warme Klamotten im Schrank und packt dafür die maximal erlaubte Menge an Pisco ein, um nicht unter Entzugserscheinungen leiden zu müssen. Im Gegensatz zum angeblichen "Nationalgetränk" Pisco Sour
ist der wahre Straßenfeger hier allerdings La Piscola, also Pisco mit viel Eis und Cola, je nach Gusto in einer 30/70-Mischung (für Anfänger), 50/50 (normal) oder 85/15 (harte Kerle, aber häufiger als gedacht).
Ich sagte ja, es handelt sich um eine Religion, da darf auch die Kirchenspaltung nicht fehlen: Ich kenne tatsächlich Leute, die trinken ihren Pisco nur mit Cola light oder zero, weil die normale Cola ja nicht schmeckt. Wer meint...

Um zurück zur eigentlichen Regel zu kommen: Wer das nur für einen Spruch hält, wird bei seiner ersten Feier hier eines besseren belehrt. Startet man gewöhnlich mit 1-2 Flaschen, kommt mit jedem Gast bzw. Pärchen normalerweise eine weitere Flasche hinzu, bis schließlich um vier Uhr morgens durchschnittlich vier leere und drei angebrochene Flaschen auf dem Tisch stehen. Aber kein Problem, es gibt ja immer den Tag danach. Dazu gleich die passende Hymne auf chilenisch. Wer darauf kommt, was Toy con cana auf Deutsch heißt, kriegt nen imaginären Keks von mir :).

3. (siehe der vorherige Post) Ein Terremoto ist es erst, wenn du dabei stirbst.

4. Als hübsch gelten hier neben eventuellen Anormalitäten bei der "normalen", langweiligen Bevölkerung alle Personen, die als rubio, also blond bezeichnet werden. 

Das bedeutet entweder helle Haut, helle Haare - wobei die Haarfarbe rubio hier in etwa bei dunkelbraun anfängt - oder helle Augen. Die Augen bilden hier noch einmal eine Ausnahme, denn die Vorurteile gegenüber Haut- und Haarfarbe sind in Chile in der Tat noch so stark verankert, dass wer grüne oder blaue Augen hat, fast schon göttlichen Status besitzt, auch wenn "der Rest des Gesichts eher an einen Leguan erinnert" (frei nach Isabel Allende, Mein erfundenes Land)

5. Ein Asado ist immer möglich.

 Immer ist im Sinne dieses Regelwerks jede Tag- und Nachtzeit zu jeder Jahreszeit bei beliebiger Außentemperatur. Dale!!!




6. Das Erstellen eines Zeit-/Terminplans ist obsolet. Eventuelle Zeit- und/oder Terminpläne sind ausnahmslos ohne Gewähr.

Ok, gilt ebenso für andere Länder. Aber eben auch hier!

7. Das gute Bier

Das verlangt nach einer Erklärung. Es gibt hier ein sehr bekanntes Bier, das sich Kunstmann nennt, natürlich im Süden von Deutschen gebraut wird und dessen Slogan einem von 90% aller Chilenen entgegengeschmettert wird, sobald sie feststellen, dass man ja doch kein Gringo ist - davon gehen sie standardmäßig aus - sondern Deutscher. Abgesehen davon schmeckt es wirklich gut, ein Kasten davon würde allerdings in etwa soviel kosten wie der Verbrauch meiner gesamten Abschiedsfeier. Alle, die da waren, wissen Bescheid :).


8.  huevón, culiado, toda la wuea

Können alles bedeuten, sind beliebig kombinierbar und in allen Kontexten angemessen. Ernsthaft. Wichtig: hintennach noch PO sagen.

Ein Beispiel. Ich möchte betonen, dass natürlich nicht alle so reden, aber doch erstaunlich (oder erschreckend) viele. Das Gute ist, dass landesweit die exakt selben Wörter verwendet werden, sodass man sich überall schnell zurechtfindet. Die Übersetzung ist relativ frei, da die Wörter wie bereits erwähnt eigentlich allesamt jedes beliebige deutsche Substantiv ersetzen können ^^.

A: Oye, huevón! Culiado, estos huevones me hicieron pagar una multa, huevón.
B: Chucha! Cagaste!
A: Ya po. La semana pasado, los culiados me sacaron el permiso y toda la wuea. Huevón po!

A: Hey Alter! Die Arschlöcher haben mir ein Bußgeld aufgedrückt, verdammt!
B: Verflucht! Du hast es verkackt!
A: Ja po. Letzte Woche haben die Ficker mir den Führerschein und meinen ganzen anderen Scheiß abgenommen. Scheiße!

9. Über Politik reden ist in, Ahnung davon haben nicht ganz so.

 Das heißt nicht, dass ich der Experte in chilenischer Politik wäre, aber mir fällt auf, dass die Zahl der Beschwerden immer sehr groß, die Anzahl der Lösungsvorschläge allerdings sehr klein ist. Da das hier aber kein reiner Politik-Blog sein soll, und der würde es werden, wenn ich jetzt groß aushole, zitiere ich nur eine chilenische Freundin, die es (mit kleinen Abstrichen) ganz gut auf den Punkt bringt und verlinke ein sehr interessantes Video, das unter anderem auch Aspekte der wirtschaftlichen Entwicklung Chiles ganz gut beleuchtet.

Te entiendo, eso es lo que yo denomino "argumentos de resentidos sociales" o "argumentos convenientes politicamente". Si hay una cosa que detesto aun mas que "la flojera" que puede caracterizar a Chile es eso, la manera de enfrentar una discusion, que si se enfrentara tanto politica, economica y socialmente de manera clara y directa.... todo funcionaria de seguro, mejor.

"Ich verstehe dich. Das sind Opportunisten, die Argumente zur Politik und sozialen Situation immer so auslegen, wie es ihnen gerade passt. Wenn es etwas charakteristisch chilenisches gibt, was ich noch mehr hasse als die "Faulheit" ist es genau das: Die Art und Weise, eine Diskussion anzugehen, als ob sich politische, wirtschaftliche oder soziale Themen immer gradlinig und widerspruchsfrei betrachten lassen könnten. (Wenn es nach dem Willen der Opportunisten geht) Es wird alles sicher besser funktionieren....ja,klar.




Und hier das Video "The Shock Doctrine". Dauert eine Stunde zwanzig, aber es lohnt sich!

P.S.: Änderungen meiner Meinung aufgrund zukünftiger Erfahrungen behalte ich mir natürlich vor.

10. Wenn ihr tanzen wollt "wie die Südamerikaner", kommt nicht nach Chile. 

"Südamerikanische" Musik, also Reggaeton und Co. hört man hier nur ganz vereinzelt und ist auch auf Hauspartys nicht sonderlich angesagt, zumindest in meinem Milieu :).
Dazu kommt die nur leidlich ausgeprägte Tanzwilligkeit: Die Frauen tanzen zumindest manchmal (natürlich nur "improvisiert") und können es in der Tat mindestens so gut wie die Damen in Deutschland. Das eigentlich erschreckende für den klischeebehafteten Europäer sind die Männer: 90% der Zeit pflegen sie denselben Tanzstil wie mein geliebtes Zwillingsbruderherz, stehen also in der Gegend herum, und den Rest der Zeit verbringen sie in der Warteschlange der Bar, um sich eine neue Piscola zu kaufen. Vereinzelte Tanzausbrüche sind nur durch heftiges Animieren von weiblicher Seite zu erreichen.

Das soll nicht heißen, dass der chilenische Machismo nicht existent wäre. Wenn man nachfragt, kann einem eigentlich jedes Mädel von anzüglichen Rufen, lauten Kussgeräuschen oder anderen Nervigkeiten berichten. Andere Herren berichteten mir, dass dies sogar passiert sei, als sie Frauen begleiteten. In meiner Gegenwart ist allerdings noch nie auch nur etwas annähernd Verdächtiges passiert. Nach tagelangen, intensiven Recherchen bin ich darauf gekommen, dass es hierdran liegen muss (Warnung: Leute ohne einen ähnlich dämlichen Humor wie ich werden das Video wohl nicht lustig finden, aber damit finde ich mich ab.)

Das war's auch schon wieder von meiner Seite, ich hoffe ihr hattet genauso viel Spaß beim Lesen wie ich beim Schreiben!! Viele Grüße nach Deutschland!