FÜR EIN BESSERES VERSTÄNDNIS ERST DEN UNTENSTEHENDEN EINTRAG LESEN!
Den ersten detaillierten Bericht unseres Urlaubs hat sich ganz ohne jeden
Zweifel unsere Fahrradtour durch das Hinterland von San Pedro de Atacama
verdient.
Gegen Ende der drei Wochen Urlaub
auf dem hauptsächlichen Touristen-Trail durch das Altiplano stand Dominik der
Sinn nach einer anderen Art der Erkundung als mal wieder mit einem Haufen
anderen Touristen (oder genauer gesagt, Franzosen) in einem Bus zu sitzen und
gelegentlich das eine oder andere Faktum vom Tourguide präsentiert zu bekommen.
So begab es sich also, dass er eine Fahrradtour in Richtung der Ruinen einer
alten Ureinwohner-Festung und der sogenannten Teufelsschlucht vorschlug. In der
festen Überzeugung, dass dies als ausgewiesene Touristenattraktion vermutlich
den Charakter einer gemütlichen Sonntagnachmittags-Partie haben würde, stimmte ich
zu - nicht ahnend, was mich erwarten sollte.
Bester Laune und mit Sandwiches
ausgestattet versorgten wir uns also mit Mountainbikes und radelten hinein in
den angenehm temperierten Wintermorgen in der Wüste.
Die erste Station der Tour
war dann wie erwartet Pukará de Quitor, eine Festungsruine, von der aus die
einheimischen Atacameños der spanischen Invasion – ohne langfristigen Erfolg –
eine Zeit lang Widerstand leisten konnten. Hier empfing uns eine schon fast
überwältigende Fülle von Informationen rund um das Leben und Sterben der ehemaligen
Bewohner und – zu meinem schieren Verblüffen – Sicherheitshinweise für den Auf-
und Abstieg. Zu allem Überfluss fühlte sich der wachhabende Kassen-Mann zur
Arbeit berufen und verteilte nicht nur Information, sondern bemühte sich sogar
um meine Sicherheit, als ich mich auf meinem Allerwertesten wiederfand nach
einem Ausrutscher auf dem Geröll.
Nach der Festung setzten wir
unsere gemütliche Fahrt fort, stadtauswärts und in Richtung Teufelsschlucht,
oder versuchten es zumindest - doch schon bald wurden wir mit der ersten Hürde
konfrontiert: DER FLUSS! Eigentlich ist der Rio Grande eher ein niedliches
Flüsschen, das sich durch die karge Landschaft um San Pedro schlängelt, doch
für zwei Deutsche auf Fahrrädern entwickelte er durchaus Hindernis-Charakter.
Vor allem das trübe, matschrote Wasser, verursacht durch Minerale im Boden,
machte die Überquerung (sowohl in Dominik‘s ultimativen Stiefeln als auch
barfuß zum Schutz meiner pretty white tennis shoes) mit Fahrrädern zu einer
etwas rutschigen Angelegenheit. Im Rückblick sollte diese erste von mindesten
sieben Überquerungen sich aber als harmlos rausstellen.
Etwas zu dieser Zeit tauchten
auch unsere neuen Freunde auf – darf ich vorstellen?
Zwei treue chilenische Streuner,
die uns den Rest des Tages auf unserer Tour begleiteten und die wir auf die
klangvollen, ruhmreichen Namen Murtaugh und Riggs tauften.
Mit frisch gebadeten Füßen und
neuen Weggefährten setzten wir also unseren Weg fort in Richtung
Teufelsschlucht, nur um herauszufinden, dass der Fluss noch einige Male unseren
Pfad kreuzen sollte. Grundsätzlich war das auch kein großes Problem mehr,
zumindest so lange es sich um flache Übergänge handelte. Getrieben von unserer
allgemeinen Abenteuerlust und der Überzeugung, dass man auch andersherum zum
Ziel gelangt (lange erprobt dank Dominik’s speziellen Fähigkeiten beim Lesen
von Stadtplänen), standen wir irgendwann vor einer eher schmalen Stelle des
Flusses, die wir zu überqueren gedachten. Unerschrocken machte sich Dominik an
die Überquerung und mit einem großen Satz gelabte er an das anderen Ufer. Die
Fahrräder wurden erfolgreich hinüber gehoben und dann war es an mir, die
Überquerung zu wagen – diejenigen Leser, die mich kennen, dürfte es wenig überraschen,
dass ich mich gegen den Sprung und für das Durchwaten des Gewässers entschied.
Ebenso wenig dürfte es sie überraschen, dass ich mich unversehens bis zur Hüfte
im eiskalten Flusslauf versenkt wiederfand und meiner geliebten Sonnenbrille
nur noch verblüfft hinterher schauen konnte, als sie in den matschroten Fluten
des Río Grande versank.
Die Hunde jedenfalls und auch
mein stets charmanter Reisebegleiter fanden den Anblick hörbar auf das Höchste
erheiternd und ich muss zugeben, im Nachhinein kann auch ich ein Schmunzeln nur
schwerlich unterdrücken.
Unbeeindruckt von diesem
Zwischenfall schwangen wir uns dann wieder auf die Räder, für eine Zeit lang barfuß,
um die diversen Flussübergänge zu beschleunigen, auf der Suche nach der
Teufelsschlucht. Bis heute sind wir nicht ganz sicher, wo genau diese sich
befindet auf dem von uns zurückgelegten Weg, aber es bleibt festzuhalten, dass die Landschaft definitiv den
Ausflug wert war, vor allem da man bis auf vereinzelte Seelen hier und da in
der Ferne praktisch alleine war in der Natur.
Nachdem wir einer winzigen
Kapelle unseren Besuch abgestattet sowie eine Mittagspause eingelegt hatten,
beschlossen wir, uns als nächstes das Valle de la Muerte vorzunehmen, dass laut
unserer Karte durch einen praktischen Tunnel mit unserem momentanen Aufenthaltsort
verbunden sein sollte. Also kehrten wir um, überquerten den Fluss weitere drei
Male und ließen uns von einem Einheimischen den Weg weisen. Zusammen mit den
Hunden machten wir uns also an den Anstieg, die gewundenen Wege in einer
Canyonlandschaft hinauf zu einem alten Tunnel, der eine heroische Vergangenheit
im Kampf der Einheimischen gegen die Spanier vorzuweisen hat.
Hinter dem Tunnel
eröffnete sich uns ein ehemaliger Flusslauf, der sich inmitten einer steinigen Landschaft den Hang
hinunter schlängelte und in dem man den Mountainbikes wirklich gerecht werden
konnte bei einer geschätzt 15km langen Strecke downhill.
Unten angekommen erwartete uns
dann eine nicht unerhebliche Strecke Wüste, in der Schieben leider die einzige
Option war, dem Sand sei Dank. Murtaugh und Riggs waren über diese Änderung im
Tempo allerdings sichtlich dankbar, hatten die beiden schließlich schon eine beachtliche
Strecke hinter sich und den letzten Teil in einem ordentlichen Tempo. Es ist
sicherlich berechtigt zu sagen, dass den beiden die Zunge in den Kniekehlen
hing, als wir am Rande der Wüste an einem Munitionslager des chilenischen Heers
vorbeikamen – und nicht nur den beiden Hunden.
Die Soldaten statteten uns mit
Wasser, Obst und der Information aus, dass es bis nach San Pedro noch 8km – und
nicht wie auf der Karte verzeichnet 3km – seien: 3km bergaufwärts und 5km
runter ins Tal. So erbaut (oder eher entmutigt?!) machten wir uns daran, unsere
Räder 3 Kilometer hügelaufwärts zu schieben, inzwischen wieder auf einer
asphaltierten Straße und mit gelegentlich vorbeifahrenden Autos als Zeichen der
nahenden Zivilisation. Nebenbei hatten wir unsere Mühe damit, unsere beiden
Begleiter davon abzuhalten, sich überfahren zu lassen; jedes Mal, wenn sie in
bester Streuner-Manier den vorbeikommenden Autos den Kampf ansagten.
Irgendwann waren die 3 Kilometer
dann auch zu Ende und es folgte eine letzte, wirklich beeindruckende Etappe
unserer Tour: 5 Kilometer bergabwärts in das Tal von San Pedro, mitten durch
die Cordillera del Sal und in die Abendsonne hinein!!!
P.S.: Zum Abendessen gab es dann
erstmal eine gescheite Portion pollo asado con papas fritas!